Freitag , 4 Oktober 2024

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Digital Gesundheitsanwendungen stoßen auf Zustimmung bei den Verbrauchern

Digitale Gesundheitswendungen (DiGA) werden insgesamt positiv bewertet, aber ungefähr die Hälfte der Nutzerinnen und Nutzer hält sie für verzichtbar. Das sind zentrale Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung von mehr als 2.600 AOK-Versicherten, die eine „App auf Rezept“ erhalten hatten.

Magdeburg, 11. Januar 2022 – Ziel der Befragung war es, zwei Jahre nach der Aufnahme der DiGAs in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung mehr über die Akzeptanz und das tatsächliche Nutzungsverhalten zu erfahren. Seit der Einführung der Verordnungsfähigkeit sind allein bei der AOK Sachsen-Anhalt insgesamt 1.600 DiGA genehmigt worden. An erster Stelle stand die Tinnitus-Anwendung „Kalmeda“, 19,3 Prozent aller Verordnungen entfielen auf diese, gefolgt von der Rücken-DiGA „Vivira“ (14,1 Prozent), der Adipositas-DiGA „zanadio“ (13,8 Prozent), der Anwendung „somnio“ gegen Schlafstörungen mit 9,7 Prozent aller Verordnungen sowie der Depressions-Anwendung „deprexis“ (8 Prozent). Der AOK Sachsen-Anhalt sind dadurch Kosten in Höhe von 530.000 Euro entstanden.

58 Prozent der befragten Versicherten bewerteten die Nutzung der DiGA als sinnvolle Ergänzung zu ihrer Therapie. Als größten Vorteil sahen die Nutzerinnen und Nutzer, dass sie sich die Behandlung mit einer DiGA zeitlich flexibel einteilen können (70 Prozent). Immerhin 40 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Anwendung geholfen habe, ihre Erkrankung besser in den Griff zu bekommen. DiGAs wurden allerdings selten zur Überbrückung von Wartezeiten bis zum Beginn einer Therapie genutzt (15 Prozent), nur bei DiGAs zur Behandlung von psychischen Erkrankungen war das etwas häufiger der Fall (21 Prozent).

Etwa jeder Fünfte hat Probleme bei Umsetzung der digitalen Therapieinhalte

„Trotz der insgesamt recht hohen Zufriedenheit mit den Apps auf Rezept sehen wir in den Ergebnissen eine gewisse Zurückhaltung bei der Einschätzung des erlebten Nutzens“, sagt Marion Strickmann, Leiterin des Geschäftsbereiches Gesundheit und Medizin bei der AOK Sachsen-Anhalt. So bezeichnen nur 26 Prozent der Befragten die verschriebene DiGA als für sie „unverzichtbar“, auf gut die Hälfte der Teilnehmenden trifft diese Aussage „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ zu. Auch in Bezug auf die Weiterempfehlung zeigen sich die Nutzerinnen und Nutzer reserviert: Nur 38 Prozent der Befragten würden Freunden oder Bekannten mit vergleichbarer Diagnose die genutzte DiGA sehr wahrscheinlich weiterempfehlen.

Knapp ein Fünftel der Befragten hatte Probleme bei der Umsetzung der digitalen Therapieinhalte, weitere 28 Prozent gaben an, sie hätten teilweise Probleme gehabt. Für immerhin 15 Prozent der Versicherten passten die Inhalte nicht zu ihrer individuellen Krankheitssituation. „Die Ergebnisse spiegeln wider, dass die genutzten DiGAs nicht immer dem Bedarf und den Bedürfnissen der Versicherten entsprechen. Herkömmliche Therapien vor Ort wie beispielsweise die Physiotherapie bei Rückenbeschwerden sind in vielen Fällen die bessere Wahl, da sie zielgerichteter auf die Bedürfnisse des Patienten eingehen können“, so Strickmann.

Ein Viertel der Befragten wurde nicht über den Nutzen der DiGA informiert

Die befragten Versicherten sind ganz überwiegend (in 68 Prozent der Fälle) von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin auf die Möglichkeit der DiGA-Verschreibung hingewiesen worden. Ein knappes Drittel wurde durch eigene Recherche, Werbung oder Empfehlungen Dritter darauf aufmerksam. „Bei der Integration der DiGAs in die ärztliche Behandlung zeigen die Befragungs-Ergebnisse noch Verbesserungspotenzial“, betont Strickmann: So wurde mehr als ein Drittel der Befragten (37 Prozent) nicht über die Funktionen der genutzten DiGA informiert. Obwohl mit 94 Prozent die überwiegende Mehrheit angab, die Anwendung durch ein Rezept des Arztes oder Therapeuten erhalten zu haben, haben nur 38 Prozent ihr Nutzungsverhalten und die Resultate der DiGA-Anwendung mit ihrem Arzt oder Therapeuten besprochen.

Kürzere DiGA-Nutzung bei Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand

Die „Apps auf Rezept“ wurden von den Versicherten vorwiegend über einen längeren Zeitraum genutzt. 5 Prozent der Befragten gaben aber auch an, ihre DiGA nur wenige Tage bis zu einer Woche genutzt zu haben. Bei Menschen, die sich zuvor als wenig digital affin beschrieben oder einen schlechten Gesundheitszustand angegeben hatten, war dies häufiger der Fall: So erklärten etwa 12 Prozent der Befragten mit schlechtem Gesundheitszustand, die verschriebene Anwendung nur bis zu einer Woche genutzt zu haben. Fast jeder Vierte (23 Prozent) gab an, die DiGA kürzer als vorgesehen genutzt zu haben. In der Gruppe der Befragten mit schlechtem Gesundheitszustand betraf dies sogar 30 Prozent. „Die GKV muss in diesen Fällen den vollen Preis für die Anwendungen bezahlen, obwohl die Versicherten sie nicht voll nutzen und die Therapie vorzeitig abbrechen. Sinnvoll wäre daher die verpflichtende Einführung von Test-Zeiträumen für die Patientinnen und Patienten, in denen die Anwendung vor der eigentlichen Verordnung ausprobiert werden kann“, so Strickmann.

Die Feldzeit der Befragung, die vom Marktforschungs-Institut „Produkt + Markt“ durchgeführt worden ist, lief vom 24. September bis zum 24. Oktober 2022. In diesem Zeitraum beteiligten sich 2.624 von insgesamt 20.879 postalisch angeschriebenen AOK-Versicherten an der Befragung. Diese Versicherten hatten zwei bis zwölf Monate vor der Befragung von der AOK einen Freischaltcode zur Aktivierung einer Digitalen Gesundheitsanwendung erhalten, nachdem sie zuvor eine entsprechende ärztliche Verordnung erhalten oder die DiGA selbst bei der Krankenkasse beantragt und eingelöst hatten. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 49 Jahren, 68 Prozent der Befragten waren Frauen. Die Angaben der Befragten zu den verordneten „Apps auf Rezept“ entsprechen dem Ranking der bisher am häufigsten verordneten und am längsten verordnungsfähigen DiGAs: Am häufigsten wurden die Apps zanadio, Kalmeda, Vivira, deprexis, somnio sowie die inzwischen nicht mehr im DiGA-Verzeichnis enthaltene Migräne-DiGA M-Sense genannt.

Aktuell können 40 Anwendungen ärztlich verschrieben werden

Seit September 2020 haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf eine Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen. Grundlage dafür ist das im Dezember 2019 in Kraft getretene Digitale-Versorgung-Gesetz. Aktuell sind im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 40 Anwendungen gelistet, die bei bestimmten Erkrankungen ärztlich verordnet oder direkt bei der Krankenkasse beantragt werden können.

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